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Wie künstliche Intelligenz in der SAP Analytics Cloud unterstützen kann

Inhaltsverzeichnis

Powerhouse SAP Analytics Cloud

Die SAP Analytics Cloud ist eines der zentralen Tools für Planung und Reporting im Kontext SAP S/4HANA. Neben den beiden Anwendungsbereichen „Reporting“ und „Planung“ gibt es auch die cross-funktionalen Bereiche „Application Design“ und „Predictive Intelligence“. Die beiden letzteren sind jeweils für Planung und Reporting einsetzbar und benötigen keine Zusatzlizenz oder extra Systeme. Die kleinste SAC (Benutzer-) Lizenz enthält bereits alles Nötige, um die meisten Funktionen der künstlichen Intelligenz (KI) sowie die Eigenentwicklung via Application Design in der SAC nutzen zu können. Wenn Predictive Methoden in der Planung zum Einsatz kommen sollen, werden Planungslizenzen benötigt. Diese Planungslizenzen wiederum enthalten automatisch eine „Reporting Lizenz“, wodurch in der Folge auch Predictive enthalten ist.

Predictive Intelligence in der SAP Analytics Cloud

Wenn man den Bereich “Predictive Intelligence“ als Modul verstehen würde, so lässt sich dieses Modul weiter in verschiedene Anwendungsfunktionen unterscheiden. „Automated Insights“ (auch „Smart Insights“) liefern per Knopfdruck eine Erkenntnis zu einem ausgewählten Objekt und dessen Scope. Das folgende Bild demonstriert die Funktion. Die Grafik zeigt die Kennzahl „Gross Margin“, aufgeteilt in drei Jahre und drei Produktgruppen. Wird eine Smart Insight zur Grafik hinzugefügt, analysiert die SAC die zu Grunde liegenden Kennzahlen (Gross Margin) und beteiligten Dimensionen (Jahre, Produktgruppe) und teilt die Ergebnisse durch einen Text unterhalb der Grafik mit. Durch einen Klick auf „View more…“ erhalten wir zusätzliche Grafiken, die versuchen, das Ergebnis zu erklären.

Die Ergebnisse dieser Form der automatisierten Informationsgewinnung schwanken sehr stark in ihrer Qualität. Da sich hier auch nichts weiter konfigurieren lässt, hängt die Qualität im Wesentlichen vom Aufbau des Datenmodells und dem Umfang der verfügbaren Daten ab.

Smart Discovery

Um eine umfangreichere (automatische) Analyse der Daten zu erhalten, kann die Funktion „Smart Discovery“ genutzt werden. Hier kann der Anwender schon mehr einstellen und auch Filter setzen. Danach läuft wieder ein voreingestellter Analyseprozess ab. Diesmal werden jedoch umfangreiche Seiten und Reports erstellt, um die Zusammenhänge der selektierten Daten zu zeigen. Welche Techniken hier unter der Haube zum Einsatz kommen ist nicht ersichtlich. Auch hier schwankt die Qualität der Ergebnisse.

Automated Forecast

Reporting und Planung enthalten oftmals „Hochrechnungen“ oder „Forecasts“. Wie diese Zahlen entstehen, ist sehr unterschiedlich. Mit der Funktion „Automated Forecast“ kann mit wenigen Klicks eine Vorschau auf die Entwicklung einer Zeitreihe erstellt werden. Zur Auswahl stehen eine „Lineare Regression“ oder eine „dreifach exponentielle Glättung“. Beide Verfahren lassen eine Auswahl der zu berücksichtigenden Perioden zu und können entsprechend eingestellt werden. Das Konfidenzintervall und eine Information, wie „gut“ die Vorhersage ist, werden ebenfalls angezeigt.

Ein kleines Symbol unterhalb des Titels mit der Bezeichnung „Forecast“ erlaubt den Zugriff auf die Einstellung, wie viele Perioden in die Zukunft geschaut werden soll. Das Schöne an dieser Art der Vorhersage ist, dass die Funktion sich dem Zustand der Grafik anpasst. Wenn der Drill-Zustand des Datums auf „Quartale“ statt „Monate“ geändert wird, wird automatisch eine neue Vorschau auf dieser Ebene erstellt. Ebenso würde es sich verhalten, wenn von einer Produktgruppe auf einzelne Produkte gedrillt wird.

Diese Funktion kann auch in Tabellen angewendet werden. Da Planung normalerweise das Eintragen von Werten in eine Tabelle benötigt, kann die Funktion dort die Ergebnisse direkt in die Zellen schreiben und übernimmt so das mühsame Eintippen vieler Zahlen. Auch hier kann die Vorhersage auf unterschiedlichen Ebenen erstellt und zurückgeschrieben werden.

Prognose Szenario

Hier wird es interessant. Denn nun verlassen wir den Bereich des Endanwenders und können mit einem „Prognose Szenario“ ein echtes Systemobjekt anlegen und konfigurieren. Die oben vorgestellten Funktionen können allesamt durch einen Endbenutzer mit wenigen Klicks eingesetzt werden und benötigen kein tieferes Verständnis über die zu Grunde liegende Funktionsweise. Prognose-Szenarien gehören thematisch in den Bereich des „Data Science“ und benötigen einiges an KnowHow, um diese Funktionen korrekt einzurichten und die Ergebnisse zu interpretieren.

Prognose Szenarien können drei grundlegende Aufgaben zur Vorhersage erledigen:

  • Klassifikation
  • Regression
  • Zeitreihenvorhersage

Im Folgenden beschreibe ich, wie die Zeitreihenvorhersage im Rahmen eines End-2-End Planungsprozesses integriert werden kann. Für einen Überblick aller drei Anwendungsfälle empfehle ich einen Blick auf den Beitrag meines Kollegen Khalil Ben-Khalifa:

Eine Zeitreihenvorhersage analysiert den Verlauf einer Zeitreihe (z.B. historischer Absatz eines Artikels über die letzten 15 Jahre) und versucht automatisiert Muster und Trends zu finden. Mit diesen Informationen lassen sich Vorhersagen über den zukünftigen Verlauf einer Zeitreihe erzeugen. Neben dem eigentlichen „Signal“ (hier der Absatz) können auch weitere „Nebensignale“ in die Analyse einbezogen werden. Die KI untersucht dann, ob diese Nebensignale einen Einfluss auf das Hauptsignal haben. So können beispielsweise Vorhersagen über Wetterentwicklungen (Nebensignal) eine Auswirkung auf die Vorhersage des Ernteertrages (Hauptsignal) haben, da sie diesen wesentlich beeinflussen können.

Vor jedem Einsatz von Data Science sollte das Ziel klar sein. Im folgenden Projektbeispiel sind das 2 Ziele:

  1. Erhöhung des Automatisierungsgrades des Forecasts von Produkten
  2. Erhöhung der zeitlichen und mengenmäßigen Genauigkeit der Absatzplanung durch automatische Berücksichtigung von langfristigen Trends und Mustern

Übersicht über einen Absatzplanungsprozess

Das folgende Schaubild zeigt, wie die Absatzplanung (grob) vor Durchführung des Projektes erfolgte. Zu Beginn werden Daten von Hand aus einem Quellsystem extrahiert und in Excel eingespielt. Das Excel bietet über die Zeit entwickelte Standardauswertungen an. Dazu gehören drei Forecasts mit Hilfe eines mathematischen Durchschnitts. Es wird ein Durchschnitt für die letzten 3, 6 und 12 Monate für jedes Produkt berechnet. Korrekturen an den historischen Daten werden von Hand direkt in den Monaten durchgeführt. Anschließend wird Produkt für Produkt entschieden, welche Menge für die Zukunft geplant wird. Diese Planung wird von der Produktion durchgeführt. Parallel zu diesem Ablauf gibt es auch noch weitere Abteilungen, wie das Marketing und den Vertrieb, die zusätzliche Absatzmengen (beispielsweise Promotionen oder Muster) benötigen. Die Planung findet monatlich statt und wird für die folgenden 18 Monate durchgeführt. Die Produktion der ersten 6 Monate ist als „Frozen Horizon“ eingefroren und kann nur in gut begründeten Ausnahmefällen abgeändert werden.

Durch die Einführung einer Planung mit der SAP Analytics Cloud sollen möglichst viele Schritte des Prozesses automatisiert werden. Zum Einsatz kommen ein neues S/4HANA System (On Prem), das von nun an täglich die aktuellen Absätze in die SAC liefert. Das geschieht über eine Standardschnittstelle des neuen Universal Journals in die Tabelle ACDOCA.

In der SAC gibt es nun verschiedene Stories für die einzelnen Schritte der Planung. Zur Datenbereinigung kommt eine eigene Kennzahl zum Einsatz, so dass die Originaldaten erhalten bleiben. Durch die SAC-Standardfunktion der Zellenkommentare wird auch hinterlegt, warum eine Zahl angepasst wurde. Konnte z.B. aufgrund von Stock Outs ein Kunde nicht beliefert werden, würde der Absatz in der KI kleiner angenommen werden als die Nachfrage tatsächlich war. Wurden zusätzliche Mengen ausgeliefert, z.B. im Rahmen einer Promotion, würde die KI eine zu große Nachfrage annehmen. Die Datenbereinigung verhindert so, dass die KI etwas Falsches lernt.

Der nächste Schritt ist die Klassifizierung der Produkte. Jedes Produkt kann einer Forecast-Klasse zugeordnet werden. Dabei entscheidet der Planer, wie das Produkt künftig geplant wird. Durch die Auswahl „KI-Forecast“ wird das Produkt komplett von der KI geplant. Das heißt, dass das Ergebnis des Zeitreihen-Forecasts 1 zu 1 als Planwert angenommen wird. Wird eine der statistischen Kennzahlen ausgewählt, wird diese als Basis der Planung angenommen. Wird „manuell“ ausgewählt, muss das Produkt manuell durch den Absatzplaner geplant werden. Das ist häufig bei neuen Produkten der Fall, zu denen keine Referenzwerte zur Verfügung stehen.

Ist die Klassifizierung abgeschlossen, wird das Training der KI ausgelöst und das Ergebnis des neuen Forecasts ist wenige Minuten später bereit für das Review. Damit der Planer die Ergebnisse einfach analysieren kann, steht ihm ein Cockpit zur Verfügung, welches in der folgenden Abbildung zu sehen ist.

Auf der linken Seite kann ein Material ausgewählt werden. Die Grafik zeigt den bereinigten Absatz (Flieder), die 3 statistischen Durchschnitte (Hellblau, Orange, Grün), das Ergebnis des KI-Forecasts (Rot) und den aktuellen Absatzplan (Dunkelblau) des gewählten Produkts.

Schön zu erkennen ist die Spitze zum Beginn des Jahres 2020 mit einer Menge von 1.798 Stück, die in der Forecast-Bereinigung nicht korrigiert wurde. Trotzdem ist der KI-Forecast robust genug, um diese Spitze eigenständig als Ausreißer zu erkennen und im Forecast zu ignorieren. Ebenfalls gut zu erkennen ist die Abbildung des zyklischen Musters aus den historischen Daten. Die KI hat erkannt, dass dieses Produkt vermehrt im Winter abgesetzt wird. Tatsächlich handelt es sich hier um ein Erkältungsmittel, was den zyklischen Verlauf mit Spitze in der Winterzeit erklären könnte.

Ist der Planer der Meinung, dass eine andere Forecast-Klasse besser geeignet ist, kann er das direkt für dieses Produkt ändern. Dazu steht im eine einfache Dropdown Box unten in der Mitte des Bildes zur Verfügung. In diesem Fall ist „SYS Forecast“ gewählt, was einer automatischen Planung durch die KI entspricht.

Ist der systemgestützte Forecast abgeschlossen, beginnt die eigentliche Planung. Der Planer kann nun entscheiden, ob er die geplanten Mengen anpassen möchte (durch Erhöhung oder Verringerung). Dazu steht ihm eine Eingabetabelle zur Verfügung, wie das folgende Bild zeigt.

Dem Planer stehen noch einmal alle Kennzahlen zur Verfügung. Auch eine Aufteilung der Absätze in die verschiedenen Vertriebskanäle ist zu sehen. Durch eine Eingabe in die Kennzahl „Absatz – Anpassung“ kann die Absatzmenge manipuliert werden. Innerhalb des Frozen Horizon sind keine Änderungen zulässig. Diese müssen über eine Spezialfunktion ausgeführt werden, welche erhöhte Systemrechte benötigt.

Da der Planer nur noch die Produkte planen muss, die nicht durch die KI geplant werden, fällt ein großer Teil der Arbeit weg. Ist die Planung abgeschlossen, werden die Absätze vom SAC-System automatisch konsolidiert. Die Konsolidierung stellt eine Datenbasis bereit, die anschließend aus dem System exportiert und manuell in die Produktionsplanung des S/4HANA importiert wird. Die Daten dienen dort der Erzeugung des Planprimärbedarfes, der für die Planung der Produktionsaufträge verwendet wird.

Fazit und lessons-to-remember

Nach Umsetzung des Projekts sind viele manuelle Arbeiten durch Systemintegration automatisiert worden. Die historischen Absatzdaten werden täglich aus dem S/4HANA in die SAC exportiert. Die Konsolidierung der geplanten Mengen und das Erzeugen des Forecasts ist ebenfalls automatisiert. Schlussendlich konnten ca. 60% aller Produkte als „SYS Forecast“ klassifiziert werden. Diese werden nun vollständig autonom durch die KI geplant. In diesem Blogbeitrag nicht behandelt wurde die Nachbetrachtung der Forecast-Fehler. Diese werden ebenfalls für die 4 Forecast-Kennzahlen berechnet und in einem Analysedashboard präsentiert. Dies erlaubt einen Vergleich der Methoden, unabhängig davon, welche tatsächlich für die Planung verwendet wurde. Fast alle der Produkte, welche durch die KI geplant werden, sind in der Nachbetrachtung genauer geplant worden als in der Vergangenheit, was zu einer Reduktion von zu viel geplanten Absatzmengen (und damit einer Reduktion von Lagerbeständen) in der Zukunft führt.

Durch die Automatisierung der manuellen Arbeiten ist Arbeitszeit frei geworden. Doch durch eine Umgestaltung des Prozesses sind auch manuelle Schritte, wie die Klassifizierung, hinzugekommen. Da sich die Natur der Zeitreihen jedoch in der Regel nicht spontan verändert, sondern eher langfristig, ist die Höhe des Aufwands überschaubar. Weitere Automatisierung, z.B. eine fortgeschrittene Ausreißererkennung oder die Integration der Fehlerhöhe der Forecasts in die Klassifizierung sind möglich, aber auch aufwändig. Der Nutzen wäre in diesem Anwendungsfall dem Aufwand nicht gerecht geworden, so dass auf diese Optimierungen verzichtet wurde.

Das Projekt hat auch gut gezeigt, dass KI nicht heißt das Lenkrad aus der Hand zu geben. Vielmehr ist die KI hier ein gern gesehener Beifahrer, der die Karte liest und uns beim Navigieren hilft, während wir fahren. Doch die KI benötigt auch die entsprechende Pflege. Ob nun eine Sicherstellung der Datenqualität in der Datenvorverarbeitung oder eine regelmäßige Überprüfung der Ergebnisse im Verhältnis zu anderen (einfachen) Methoden, die Interaktion zwischen Mensch und KI macht den Planungsprozess zu einer runden Sache.

Schlussendlich muss auch der Anwendungsfall für solch ein Szenario geeignet sein. Das sollte tunlichst in einer Vorphase geprüft werden. Sollten deutlich mehr Produkte geplant werden, ist eine andere Strategie notwendig. Beispielsweise eine Planung auf Produktgruppen Ebene mit anschließender Verteilung. Der Einsatz von KI muss im Einzelfall geprüft werden.

Ebenso muss das Unternehmen bereit sein, seine Prozesse zu überdenken und anzupassen, wenn sich dies als sinnvoll herausstellt. Einfach nur eine Software durch eine andere zu tauschen, wird in den allerseltensten Fällen zu einer Verbesserung führen.

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